Pistenraupen

Fendt - Pistenraupen - Historie

 

Eine nicht ganz einfache Aufgabe war es eine Historie über die Fendt Pistenraupen abzubilden.

Ein großer Dank gilt an dieser Stelle Klaus Leben sowie Jürgen Pellengahr welche mich mit vielen Informationen und Material unterstützt haben um die Historie der Pisten- und Transportraupen überhaupt darstellen zu können.

Prospekte

Historie der Fendt - Pistenraupen

Entwicklung 1966 - 1968

Alles begann mit der Gründung des Ingenieursbüro Leben in Berg am Starnberger See mit dem

Geschäftsbereich der Entwicklung und  des Vertrieb von Pistenpflegegeräten für Skiabfahrten.

 

Zwischen 1967 - 68 wurden die Pistenraupen Typen H1 und H2 entwickelt.

 

Nachdem bei der Fa. Leben keine eigenen Fertigungsmöglichkeiten vorhanden waren, musste ein geeigneter Partner zum Bau der Fahrzeuge gefunden werden. Hier konnte die Fa. Lely Dechentreiter gewonnen werden.

 

Dechentreiter selbst war ein Produzent von Landtechnik wie z.B. Ladewägen, Pressen und Mähdreschern mit Sitz in Asbach-Bäumenheim. Nachdem Dechentreiter im Jahre 1963 in finanzielle Schwierigkeiten geriet, wurde das Werk vom niederländischen Landtechnikhersteller Lely übernommen und firmierte fortan unter Lely-Dechentreiter weiter.

 

Unter der Regie von Lely wurde z.B. die Produktion von Wohnwägen aufgenommen und eben die Zusammenarbeit mit der Fa. Leben begonnen.

 

Erwähnenswert am Rande das Lely-Dechentreiter bereits in den 1960ger Jahren den Großmähdrescher JD 420 produzierte, die Maschine verfügte über ein Schneidwerk mit 4,20 Meter Arbeitsbreite welches hydraulisch klappbar war. Der Drescher verfügte über eine Motorleistung von zuerst 95 PS, ab 1968 sogar 105 PS und zuletzt ab 1970 knapp 120 PS.

 

Zurück zu den Pistenraupen ...

 

Eine erste Pistenraupe mit VW - Motor wurde zur Erprobung 1967 montiert. Schnell zeigte sich, dass bei üblicher "Panzerlenkung" (eine Kette dreht, eine steht) sich das Fahrzeug im Schnee eingräbt anstatt zu wenden. Die Entwicklung eines speziellen Lenkgetriebes für Pistenraupen wurde nötig, beide Ketten müssen beim manövrieren in Bewegung bleiben um ein einsinken zu verhindern. Dieses spezielle Lenkgetriebe wurde von der Fa. Leben entwickelt und patentiert.

 

1968 konnte bei Lely-Dechentreiter der erste Prototyp der H2 mit  dem patentiertem Lenkgetriebe und 55PS (65 SAE PS) NSU Motor gefertigt werden, als Kleinraupe mit 12 PS dazu der Typ H1.

 

Unter dem Produktnamen "Bero" startete 1968 die Vorserie der beiden Typen H1 und H2, von letzterer wurden gut 25 Vorserienfahrzeuge gefertigt, die H1 brachte es im gesamten Produktionszeitraum nur auf gut 5 Stück.

 

Die Serienproduktion der Raupen startete gegen Ende 1968 / 1969, die H2 brachte es hier bereits auf

gut 100 Einheiten, bis Produktionsende auf ca. 300 Stück.

 

Der Name Bero war übrigens als "internationaler Markenname" entstanden und aus dem englischen

Belt-Roller / Band-Roller sprich übersetzt "Förderband" hergeleigtet, dies in Anlehnung an die Raupenbänder welche "Gummibänder" waren.

 

Ein weiterer erwähnenswerter Meilenstein war die Entwicklung der elastischen Nachlaufwalze durch die Fa. Leben zur Verdichtung des Schnee.

 

Anfänglich waren hier nebeneinander angeordnete offene Walzen im Einsatz, im inneren dieser sammelte sich Schnee und verklumpte was zu einem unbefriedigenden Arbeitsergebnis führte. Weitere Versuche wurden mit Kunststoffnachlaufwalzen angesetzt, diese lieferten ein besseres Arbeitsbild aber Schnee klebte am Kunststoff an.

 

Die Lösung war eine Nachlaufwalze bestehend aus einem Stahlzylinder mit eingepressten Sicken und überzogenen Gummimantel. Infolge der Dehnung des Gummis unter der Belastung blieb kein Schnee mehr kleben und ein sauberes Arbeitsbild wurde erzielt. Auch diese Walze wurde zum Patent angemeldet.

 

 

Jahre 1969 - 1970

Im Jahr 1969 wurde bei der bereits in Serie befindlichen H2 das Erscheinungsbild geändert, vom bekannten Lely-Dechentreiter "grün / Türkis" wurde fortan in gelb produziert.

 

Die Prototypen "T2" und "H3" wurden vorgestellt.

 

Die T2 war eine Raupe speziell für Transport von Gütern und Personen im schwierigen Gelände. Leider wurde diese bei einer Vorführung durch Überschlag beschädigt, später repariert und verkauft. Die Raupe als Einzelstück dürfte daher als "Fendt-Transportraupe" verkauft worden sein.

 

Die H3 war eine große Pistenraupe mit einem Motor von Audi und 100 PS Leistung welche in gut 5 Einheiten gebaut wurde, zumindest eine Maschine davon war mit "überbreiter Kabine" ausgestattet.

 

Um die Einsatzmöglichkeiten der Pistenraupen zu verbessern und auch das Arbeitsergebnis dieser, wurden fortlaufend neue und verbesserte Anbaugeräte für die Maschinen vorgestellt.

 

 

Anbaugeräte

1970 aus Lely - Dechentreiter wird FENDT

Wie in mehreren Berichten zu lesen, geriet die Fa. Lely - Dechentreiter im Jahre 1970 relativ unerwartet in finanzielle Schwierigkeiten, das Ende für den Standort Asbach-Bäumenheim drohte und damit verbunden der Verlust vieler Arbeitsplätze.

 

Durch die Politik bzw. dem damaligen Wirtschaftsminister wurde ein Kontakt zur Firma Fendt aus Marktoberdorf geknüpft.

 

Bei Fendt war die Marktlage  hingegen gut, die Kapazitäten im Stammwerk Marktoberdorf fast ausgeschöpft so das Interesse am Werk bestand. Nach einigen Verhandlungen wurde man sich einig und das Werk Asbach-Bäumenheim samt Belegschaft und Produktpalette von Lely-Dechentreiter wurde von Fendt übernommen.

 

Für die Sparte der Landtechnik von Lely-Dechentreiter wurde bei Fendt keine große Zukunft gesehen, mit Ausnahme des Universalfahrzeuge Lely Trac LT 7. Die Firma Lely-Dechentreiter hatte die als Universaltransporter beworbenen Lely Trac´s kurz "Lely LT", mit dem kleinen LT3 und dem größeren LT 7 im Programm und diese Maschinen auch bereits in kleinerer Anzahl verkauft.

 

Der LT7 entsprach hierbei grundlegend einen selbstfahrenden Ladewagen. Fendt hatte selbst bereits mit dem Unimat-S ein Versuchsmuster eines Ladewagen-Selbstfahrers erstellt.

Der LT7 war jedoch scheinbar die bessere Variante, dieses Konzept wurde von Fendt aufgegriffen und zum bekannten Fendt Agrobil S weiterentwickelt. Die restliche Sparte der Landtechnik wurde eingestellt, die Ersatzteilversorgung für die Lely-Dechentreiter Produkte jedoch für gut 7 Jahre aufrecht erhalten.

 

Die Sparte der Caravans und Wohnwagen wurde von Fendt ebenso übernommen, äußerst erfolgreich weiterentwickelt und bis zur Übernahme von Fendt durch Agco aufrecht erhalten.

 

Aufgrund des zum Teil schlechten Zustandes der Werksanlagen in Asbach-Bäumenheim wurde von Fendt umgehend in den Standort investiert, die Gebäude und Fertigungsanalgen modernisiert und erneuert.

 

Zwischen der Fa. Leben und Fendt wurde ab April 1971 ein Lizenzvertrag über die Fertigung von Pistenraupen und Nutzung der Patente geschlossen.

 

In der Übergangszeit während der Werksübernahme etc. mietete die Fa. Leben in Wolfratshausen ein eigenes Betriebsgelände an um den Bestand der Pistenraupenteile zu übernehmen, vormontierte Raupen fertig zu stellen und den Service der Raupen zu gewährleisten.

1971 bis 1976

Im Jahre 1971 wurde bei Fendt in Zusammenarbeit mit der Fa. Leben die Pistenraupe H3 bereits nach nur 5 Stück zum Typ H4 weiterentwickelt. Mit neuer Doppelkabine versehen (abgeleitet von der H3 überbreit) wurde die H4 bis 1976 in gut 80-100 Stück produziert. Zum Antrieb wurde anfangs weiterhin der Audi Benzinmotor mit 100 PS verwendet, später auf Wunsch auch ein 4 Zylinder Deutz luftgekühlt mit 98 SAE-PS dann als Typ H4D bezeichnet.

 

Die kleine Bero H1 wurde bereits gegen Ende 1970 noch vor der Fendt-Ära nach den erwähnten 5 Stück aus dem Programm genommen.

 

1972 treten zwei Bero H2 sowie zwei H4 bei der Pi-Ko-Grischa in St. Moritz an, ein Wettbewerb von Pistenraupen. Von 12 Kategorien gewannen die Fendt Raupen 4x Gold und 4x Silber. (siehe Prospekt unten).

 

Im Jahr 1972 konnte als weiterer Prototyp die U2 vorgestellt werden, eine spezielle Raupe für die Pflege von Loipen und Wanderwege, die Raupe blieb ein Einzelstück.

 

Ebenso folgte 1972 die Vorstellung der großen Pistenraupe Fendt H5, hierbei handelte es sich erstmals und letztmalig um eine eigene nur von Fendt entwickelte Pistenraupe.

 

Die Raupe verfügte über einen luftgekühlten Deutz 6 Zylindermotor mit stolzen 192 PS (SAE) sowie erstmalig über hydrostatischem Fahrantrieb. Vom Modell H5 wurden lediglich 5 Stück produziert welche in die Schweiz verkauft wurden.

 

Im Jahr 1973 folgte ein weiterer Prototyp die U3, eine Raupe mit abermals 55 PS NSU Motor jedoch als Mittelmotor ausgeführt, bei Fendt auch später Fendt H250 bezeichnet. Es dürfte jedoch nur der eine Prototyp U3 gebaut worden sein welcher als H250 beworben wurde.

 

Das Ende der Pistenraupen

Der zwischen Leben und Fendt geschlossene Lizenzvertrag endete 1976, dies hatte vermutlich mehrere Gründe.

 

Zum einen war der Gesamtmarkt für Pistenraupen und Geräte aufgrund einiger schneearmer Winter gesamt rückläufig, dieser Umstand bedeutete bereits für einige kleinere Hersteller das Aus.


Zum anderen war der Markt der Pistenraupen noch relativ "jung", die technische Entwicklung machte in dieser Zeit noch jährlich große Schritte.

 

Wie bereits bei der Fendt H5 realisiert, wurde im Bereich der Antriebstechnik das hydrostatische Zeitalter eingeläutet. Auch andere große und bekannte Hersteller konnten mit dieser Technik selbstverständlich aufwarten. Die Fendt H4 war z.B. mit dem verbauten Schaltgetriebe nicht mehr aktuell. Ein Comeback der H2 wurde damals in der Fachpresse noch erwähnt, aber im selben Artikel der Erfolg durch die einfache Technik und den Hohen Kaufpreis von ca. 37.000 DM stark in Frage gestellt.

 

Beispielsweise war Kässbohrer bereits damals ein führender Hersteller von Pistenbullys. Nachdem neben Reisebussen auch die Sparte der Pistenraupen intensiv bei Kässbohrer entwickelt und gefördert wurde, konnten zwischen 1969 und 1979 bereits ca. 2000 Fahrzeuge abgesetzt werden. Durch die höheren Stückzahlen konnten die modernen Maschinen vermutlich auch zu attraktiven Preisen angeboten werden, auch die Palette an Zubehör war größer und moderner.

 

Für Fendt war schlichtweg der Bau von Traktoren das Hauptgeschäft, die Caravans und Wohnwägen ein erträgliches Zubrot somit war das Ende der Pistenraupen nachvollziehbar.

 

Die Fa. Leben führte in der Folgezeit zwischen 1976-1980 noch einige Sonderkonstruktionen vor allem im Bereich der Anbaugeräte durch, führte den Service für die Fahrzeuge weiter und verkaufte Zubehör.

Nach 1980 widmete sich die Fa. Leben der Produktion von Stoß- und Schwingungsdämpfern für besondere Einsatzbereiche, in diesem Segment ist die Firma auch heute noch erfolgreich tätig.

http://www.compenser.de/

 

Etwas unklar ist der Umstand das es zwischen der Firma Ratrac - Rollba und Fendt zu einer Kooperation im Bereich der Pistenraupen kam.

 

Zwischen 1976 (andere Quellen 1974) bis 1981 bestand eine Kooperation beider Firmen zum Bau- und Vertrieb der Pistenraupen, als dritter Partner dieser Zusammenarbeit wird die Fa. MAN (LKWs, Motoren) angeführt welche den Service für die Raupen leisten sollte.

 

Ob Fendt wirklich Ratrac-Raupen fertigte und falls ja, in welcher Anzahl u. Typen etc. ist nicht bekannt, sicher aber das diese Fahrzeuge wenn überhaupt gebaut, nicht mehr als Fendt vermarktet wurden. Es könnte auch sein, dass durch Fendt über diese Kooperation lediglich die Restbestände an Raupenfahrzeugen und Ersatzteilen vermarktet wurde und Serviceverträge abgewickelt wurden.

 

Es hält sich auch das Gerücht, dass Pistenraupen entweder auf Basis der damaligen Fendt Großtraktoren (Favorit 600 S / SL / LS) gebaut wurden bzw. mit Komponenten dieser Schlepper ausgerüstet waren.

 

Alle Raupen welche von der Fa. Leben entwickelt worden sind (H1, H2, H3, T2, U2, H250) wurden unabhängig von Fendt und wie aufgeführt bereits vor dem Fendt-Zeitalter entwickelt, eine Verbindung zum Schlepperbau ist absolut nicht gegeben.

 

Die H4 welche in Zusammenarbeit von Leben und Fendt entwickelt wurde, basierte auf der H3, auch hier ist kein Zusammenhang zum Schlepperbau gegeben.

 

Die Raupe H5 wurde zwar von Fendt entwickelt, aber auch hier ist nicht bekannt das ein Zusammenhang zum Schlepperbau gegeben war, der luftgekühlte Deutz Motor wurde im Schlepperbau nicht verwendet, die Getriebe der Favorit-Traktoren von ZF bezogen, die Raupe verfügte jedoch über hydrostatischen Fahrantrieb.

 

Wie man sich denken kann, sind Traktoren und Pistenraupen grundlegend verschiedene Maschinen, es ist nicht anzunehmen das allzu viele Teile für beide Gattungen verwendet werden könnten ...

 

 

Fendt - Werksbilder

Daten

Fendt H2 / T2 / U2 Raupe:

4 Zylinder NSU - Benzin Motor luftgekühlt mit 55 PS (bzw. 65 SAE-PS)

 

Fendt H4

4 Zylinder Audi Benzin mit 115 PS SAE

oder als Diesel

4 Zylinder Deutz - Diesel mit 98 PS SAE

 

Fendt H5

6 Zylinder Deutz Motor mit 192 PS SAE

 

 

Lely - Bero - Bilder 1

Beschreibungen siehe Bilduntertitel

Lely Bero und Fendt Raupen Bilder 2

Bilder Pistenraupe H4 (2)

Herzlicher Dank an Bruno Nussberger vom Skilift-Verein Sitzberg für die Bilder der Fendt H4 Pistenraupe. Die Raupe wurde nach Ex-Jugoslawien verkauft)

www.skilift-sitzberg.ch/

Bilder Pistenraupen H4 (3)

Herzlichen Dank an Jürgen Pellengahr (www.snow-groomer.com) für die folgenden Bilder der Fendt-Raupen (H4) und einigen guten Informationen über die Raupenhistorie.